diandra hat geschrieben:Ich bin auf Antworten dazu sehr gespannt

Ich kann Dir meine geben.
Irgendwann 2007 (?) wurden im Beautykosmos das Thema »Spreitwerte« thematisiert. Ich beschäftigte mich damals aus privatem Interesse mit verschiedenen Eigenschaften von Ölen und entdeckte bald Widersprüche in den dort diskutierten Aussagen, sprach sie offen aus und erhielt (
aus meiner Sicht) sehr unbefriedigende Antworten, auch weil niemand wirkliche Quellen angeben konnte. Ich
wusste, dass diese Aussagen dort in sich teilweise nicht stimmig waren, befand mich aber selbst in einem Lernprozess und wollte erst einmal für mich Fakten ordnen. In der kosmetischen Industrie sind Spreitwerte tägliches Brot, das ist keine Erfindung von Selbstrührern, und so suchte ich nach Fachquellen und fand sie.
Bis vor wenigen Monaten notierte ich auschließlich die Spreitwerte nach dem Originalmodell von Herrn Dr. Zeidler (ein Modell, das übrigens bis heute auf Selbstrührerwebseiten nie irgendwo Erwähnung gefunden hat), saß aber dem einem Irrtum auf, nämlich dass Buttern schnell spreiten müssten – was sie meines Erachtens definitiv nicht tun. Auch ist es aus meiner Sicht nicht sinnvoll, lecithinreiche Öle spreittechnisch anders zu bewerten als solche mit üblichen Werten, weil diese Begleitstoffe ganz andere Eigenschaften berühren, z. B. das Einziehverhalten, und weil unsere nativen Öle durch ihre Begleitstoffe im übrigen per se völlig anders zu bewerten sind als synthetische Esteröle oder gar Mineralölderivate, auch bei identischem Spreitverhalten. Meiner Ansicht nach ist es sinnvoll, diese Eigenschaften von einander zu trennen.
Meine Recherchen führten mich zum Urheber der »Spreitkaskade« und ich nahm persönlichen Kontakt auf. Ich erörterte meine mittlerweile entwickelten Thesen und bekam sie bestätigt – das war ein Gefühl wie Weihnachten;

auf dieser Basis habe ich, angeregt durch Dr. Ansmann, ein naturkosmetisch orientiertes Spreitmodell entwickelt, weil sich das Original einfach nicht auf unsere im naturkosmetischen Bereich üblichen Öle übertragen lässt. Daher findet der interessierte Leser auf Olionatura zwei Spreitwerte angegeben: einen nach dem Modell von Dr. Zeidler und einen nach dem naturkosmetischen Modell; beide weichen logischerweise von einander ab, weil sie jeweils ein anderes Bezugssystem aufweisen. Mariönsche hat auf einen Foren-Beitrag verlinkt, der den gedanklichen Prozess dahinter offenlegt; hier ist der
Basisbeitrag auf Olionatura, der alles darlegt und begründet. In meiner Firmenschulung über den kosmetischen Einsatz von pflanzlichen Ölen im Januar werde ich u. a. mein Modell, das auf großes Interesse gestoßen ist, weitergeben.
Wenn Du meinen Beitrag gelesen hast, wirst Du vielleicht auch wahrnehmen, dass es in den Angaben auf anderen Webseiten und in Büchern logische Sprünge gibt. Modelle basieren auf Bezugssystemen, versuchen logische Beziehungen herzustellen – sie fehlen dort, sind nicht schlüssig. Wie kann Squalan schnell spreiten und eine Sheabutter auch? Teste beide auf Deinem Handrücken, fühle den Grad der »Klebrigkeit« (Adhäsion, sagt man, oder?), die Verteilbarkeit, die spürbare bzw. fehlende »Hülle«. Diesen Widerspruch habe ich lange mit mir herumgetragen, gedanklich gewälzt, konnte ihn nicht auflösen. Jetzt, in meinem Modell, hat alles seinen Platz, ist schlüssig, passt theoretisch und vor allem praktisch. Ich spüre die Schlüssigkeit mit jeder Emulsion, die ich rühre.
Innerhalb der »normalen« Öle gibt es auch spürbare Unterschiede in der Hülle, die sie bilden, dem Einziehverhalten usw., ich arbeite auch hier an einer Systematik. Das aber geht über das reine Spreitverhalten hinaus.
Tja, das ist mein Stand der Dinge. Ich bin so, kann nicht anders, beschäftige mich sehr intensiv mit dem, was ich mache, und das bedeutet auch, kritisch hinzuschauen, Aussagen zu vergleichen und ein Thema wirklich zu durchdringen. Einfach abschreiben ist eben genau
nicht mein Ding.
Andere schreiben völlig unbedarft ab und haben gar kein Modell, das ihre Aussagen stützt.