Petition für ätherische Öle

Sie duften, wirken, heilen – ätherische Öle. Hier ist Raum für intensiven Erfahrungsaustausch rund um die »Seele der Pflanzen«.

Moderator: Birgit Rita

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pflanzenölscheich
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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Heike hat geschrieben:Das ist der Punkt: man will Naturkosmetik, aber sie darf nicht nach Natur riechen.
Und genau das habe ich nie verstanden, weil ich - bis auf eine kurze Episode mit geröstetem Arganöl :pfeifen: - nicht nachvollziehen konnte, warum unsere Rohstoffe so schlecht riechen sollen, dass man sie überduften müsste. Wahrscheinlich sieht man das mit einer Hautkrankheit auch ein wenig anders, weil man Rohstoffe viel bewusster und gezielter einsetzt. Immer, wenn ich am Ende von Rezepten, die ich hier in der Rührküche lese, den Hinweis "Beduftet habe ich mit ..." finde, möchte ich am liebsten fragen: "Und hast Du es zuerst ohne Beduftung probiert? Hat es wirklich so schlimm gerochen, dass man es korrigieren musste?".

Ätherische Öle, die auf die Haut gelangen, als Wirk- und nicht als Duftstoffe zu verstehen, ist ein Ansatz, den mir meine sensible Neurodermitikerhaut von selbst beigebracht hat, denn das kräftige Penetrationsvermögen ätherischer Öle ist für eine arg lädierte Barriere fürwahr kein Erholungsurlaub - es sei denn, man hat einen (therapeutischen) Grund, warum man sie einsetzt, um der Haut im Endeffekt zu einem besseren Zustand zu verhelfen.

Im Zusammenhang mit dem vorigen Absatz steht auch meine seit vielen Jahren bestehende Auffassung und Gewohnheit, Parfum - auch solches aus natürlichen ätherischen Ölen - nicht auf die nackte Haut zu geben. Wenn ich mir dann trotzdem 0,6% Lavendelöl in meinen Nachtpflegebalsam mische, stelle ich ein Therapeutikum her, kein Kosmetikum, obwohl Linalool und Linalylacetat selbst nach der neuen Verordnung nur der Kennzeichnungspflicht aber keiner Dosierungsgrenze unterliegen.

Aber damit habe ich die anderen Inhaltsstoffe noch immer nicht überduftet. Wollte ich also etwas herstellen, das wirklich astrein nach Lavendel duftet, müsste ich sogar noch höher dosieren. Nun stellt Euch statt Lavendelöl Rosenöl vor. Wisst Ihr, was ich meine? Um wirklich eine gezielte Beduftung unter Ausschaltung des Originalgeruches vorzunehmen, muss man - je nach den übrigen Zutaten - ganz schön viel ätherisches Öl verwenden.

Nun sind aber ätherische Öle neben ihrer für alle Nasen erkennbaren Funktion als Geruchsquelle auch potente Wirkstoffe. Warum fällt es vielen denn so schwer, sich jener aus der konventionellen Kosmetik übernommenen Unsitte zu entledigen, Hautpflege und Hautbeduftung mit einander zu vermischen?
:gruebel:

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

Pflösch, das hast Du sehr treffend zusammengefasst und als ein mit nicht völlig gesunder Haut Betroffener besonders authentisch geschildert. »Ätherische Ölfläschleins sahen ja schon seit einigen Jahren eher nach Chemikalien aus, als nach wunderbaren Düften, welche uns die Natur freundlicherweise zu Verfügung stellt«, mokiert eine »Aromaexpertin« in ihrem Blog. Duftstoffe? Ja, sicher duften sie. Nur der Mensch gewinnt sie in einer Konzentration, deren er sich am Ende gar nicht mehr bewusst ist. In einem Tropfen konzentrieren sich 30 Rosenblüten, die weit mehr drauf haben als nur lecker zu duften. Wenn die Aromatherapie ernst genommen werden will (was ich mir von Herzen wünsche), muss sie erwachsen werden.

Was viele völlig ausblenden (bzw. einfach nicht wissen, weil sie sich nicht mit der Herstellung von Naturkosmetik beschäftigen), ist die Tatsache, dass ätherische Öle in Kosmetika während des Verwendungszeitraums metabolitischen Prozessen unterliegen. In Kosmetika, die Monate in warmen Bädern herumstehen, vollziehen sich chemische Umbau- und Abbauprozesse. Realität ist: viele vertragen Naturkosmetik nicht, u. a. aufgrund ihres hohen Gehalts an ätherischen Ölen, die den Geruch der natürlichen Inhaltsstoffe überdecken sollen. Ich finde das sehr schade, weil sie in meinen Augen die einzige Alternative ist, die eigene Haut gesundzuerhalten.

Hans Lautenschläger behandelt in seinem neuen Buch »Korneotherapie – Bindeglied zwischen Dermatologie und Kosmetik« (hier meine Rezension) u. a. den Einsatz ätherischer Öle in Kosmetik. Sein Kommentar:

»Während allergene Komponenten in fetten Ölen sehr selten sind, treten sie in etherischen Ölen und Extrakten häufiger auf. Dem hat die Europäische Kosmetikrichtlinie mittlerweile durch eine – neben der botanischen Bezeichnung – separate Deklarationspflicht für die wichtigsten Allergene Rechnung getragen.«
(a. a. O, S. 81)

Er steht ihnen (wie auch Pflanzenextrakten allgemein) ausgesprochen positiv gegenüber und bestätigt ihre aromatherapeutische Wirkung. Sehr aussagekräftig empfinde ich im Kontext diese Aussage:

»Etherische Öle eignen sich für modulare Massageöl-Konzepte, d. h. sie werden auf den individuellen Verwendungszweck abgestimmt und erst vor der Behandlung den Massagemedien […] in entsprechenden Mengen zugesetzt. So werden einerseits spezifische Wirkungen erreicht und andrerseits wird auf individuelle Empfindlichkeiten Rücksicht genommen [Hervorhebung durch mich]

Das ist ein wichtiger Aspekt: wir als Selbstrührer können dies tun. Nach 4–6 Wochen ist die Creme aufgebraucht, wir behandeln diese sowieso mit dem Bewusstsein, dass es sensible Produkte sind. Eine Kosmetikserie für den Massenmarkt sollte optimal so gering wie möglich »beduftet« sein. Bei Parabenen ist es übrigens ähnlich: ihre Gefahr liegt in ihrer ubiquitären Präsenz. Ein normaler Mensch ist diesen Mengen in einer solchen Dichte ausgesetzt, dass sie sich zu gefährlichen östrogenen Effekten summieren, obwohl auch ihre Einsatzkonzentration durch die Kosmetikverordnung begrenzt ist. Die allergene Wirkung ist dadurch zumindest sehr gering. Hoffen wir für Naturkosmetik das gleiche und dass auch sensible Menschen in ihr dank der Kosmetikverordung eine Alternative finden können.
Liebe Grüße
Heike

Nerola

Ungelesener Beitrag von Nerola »

Heike hat geschrieben:
pflanzenölscheich hat geschrieben:Die Kosmetikindustrie wird vermutlich auf entsprechend fraktioniertes (von Methyleugenol befreites) Rosenöl zurückgreifen, das es, wie eine kurze Google-Suche ergab, ja bereits gibt.

Das ist der Springende Punkt für die Personen die sich mit Ätherischen Ölen beschäftigen, die fraktionierten Öle! Wir (ich schreibe "Wir" weil ich auch kein fraktioniertes Rosenöl oder auch div. andere fraktionierte Öle haben möchte :cry: wir wollen genuine Öle so wie die Natur sie vorgesehen hat!
Denn ich glaube die Natur hat nicht umsonst über 400 verschiedene Bestanteile in der Rose vorgesehen nur zum Spaß. :/ Da ich glaube das die Natur nichts macht das umsonst oder nutzlos wäre!
Das Methyleugenol ist ein Alkohol der durch den Duft des Methyleugenols in der Rose die Insekten anlockt und die Insekten etwas "beschipst" :undprost: machen so dass sie sich länger in der Blüte aufhalten und die Besteubung stattfindet. Genau wie wir es machen mit den Parfum´s. :)
Heike hat geschrieben: Das gibt es, es gibt aber auch natürliche Öle, die nur einen sehr geringen Gehalt haben.
:lupe: Welche Öle meinst Du? Kennst ein bestimmtes? Die Öle die ich kenne haben von Natur aus leider mehr als die vorgeschriebenen 0,01% oder gar 0,001% Methyleugenol enthalten.
Heike hat geschrieben:Eine andere Frage: Ein Naturkosmetik-Hersteller startet eine Petition mit Falschaussagen. Darf der das? :lupe:
Das würde mich auch interessieren!


Ich meine aber zu glaube (ich kenne viele, wenn ich die Namen auf der Liste der Petition lese) das der Hauptteil der Menschen der die Petition unterzeichnet und weitergeleitet hat, sich nicht die Gedanken über die Kosmetikprodukte oder Hersteller gemacht hat. (vielen ist wahrscheinlich gar nicht aufgefallen von wem sie Verfasst wurde :veilchen: ) Hier geht es eher um den Bereich der Pflege in Krankenhäuser, Altenheime........wo lediglich Mischungen eine fettes Öls z.B. Mandelöl das mit diversen Ätherische Öle angereichert und für den Pflegealltag auf den Stationen verwendet werden. Hierfür wurde jahrelang gekämpft dass mit Patienten mit diesen Naturprodukten gepflegt werden dürfen. Ohne Studien und Wissenschaftlichen Bestätigungen ist da sonst nichts zu machen.
Ich bin auch der Meinung man sollte aus den über 400 Bestanteilen eines Rosenöl nicht einen einzigen herausfischen ihn pur zu irgendwelche Test´s an armen Mäuschen oder Hasen herziehen und wenn Reaktionen auftauchen ihn als ein Allergen bezeichnen.
Sorry nur weil es Heuschnupfen geplagte Menschen mit schweren Allergien gibt, werden ja auch nicht gleich die Bäume und Gräser am blühen gehindert.
Rosenöl wird schon über 5000 Jahre in allen Konstellationen verwendet.

Der Hintergrund dieser Aktion würde mich brennend interessieren, ich halte mal die Ohren auf vielleicht bekomme ich ja mal noch ne Antwort! :warten:

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pflanzenölscheich
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Ungelesener Beitrag von pflanzenölscheich »

Als Nachtrag noch die von der CosIng-Datenbank erreichbare Stellungnahme: Opinion concerning Methyleugenol adopted by the SCCNFP during the 14th plenary meeting of 24 October 2000.

Man beachte, dass die Empfehlung schon gut elf Jahre alt ist. Studienobjekte waren Ratten. Fragestellung der Langzeitstudie (wobei nicht erwähnt wird, wie lange die Studie tatsächlich dauerte) war, in welchem Ausmaß Methyleugenol krebserregend ist.

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

Nerola hat geschrieben:Hier geht es eher um den Bereich der Pflege in Krankenhäuser, Altenheime........wo lediglich Mischungen eine fettes Öls z.B. Mandelöl das mit diversen Ätherische Öle angereichert und für den Pflegealltag auf den Stationen verwendet werden. Hierfür wurde jahrelang gekämpft dass mit Patienten mit diesen Naturprodukten gepflegt werden dürfen.
Das dürfen sie selbstverständlich weiter, weil sie keine kosmetischen Massenprodukte verwenden. :-) Das ist Therapie. Jeder Aromatherapeut darf auf Kundenwunsch weiter frisch seine Produkte herstellen.
Ich bin auch der Meinung man sollte aus den über 400 Bestanteilen eines Rosenöl nicht einen einzigen herausfischen ihn pur zu irgendwelche Test´s an armen Mäuschen oder Hasen herziehen und wenn Reaktionen auftauchen ihn als ein Allergen bezeichnen.
Die Allergien haben Menschen. :-) Das ist es ja, dieser Aspekt wird geleugnet. Es kann ja nicht sein, was nicht sein darf. Natürlich können auch natürliche Stoffe Allergien auslösen. Natur lebt aus Regulationsprozessen, und manchmal sind Prozesse aus dem Gleichgewicht.
Sorry nur weil es Heuschnupfen geplagte Menschen mit schweren Allergien gibt, werden ja auch nicht gleich die Bäume und Gräser am blühen gehindert.
Rosenöl wird schon über 5000 Jahre in allen Konstellationen verwendet.
Vor tausenden von Jahren waren Menschen auch nicht mit der Fülle an Duftstoffen konfrontiert wie heute, zudem waren sie einer kleinen Personengruppe vorbehalten, die sich Räucherstoffe und Essenzen leisten konnte. Heute ist alles beduftet. Dem Körper ist egal, woher ein Allergen kommt, er reagiert darauf. Die Analogie blühender Bäume mit dem Einsatz ätherischer Öle verstehe ich nicht: das Blühen und Reifen von Pflanzen ist ein existentieller Prozess der Umwelt, in der wir leben, das andere ist ein Additiv des modernen Lebens.

Mich würde interessieren, ob man die Methyleugenol-Geschichte nicht anders aufgreifen kann … :gruebel: In keinem Fall ist jedoch diese Petition dazu geeignet, sie hat alles ins Lächerliche gezogen und allzu deutlich offenbart, dass Hunderte von Frauen zu denken aufhören, wenn einer nur den richtigen Ton trifft.
Liebe Grüße
Heike

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