Einige der Autoren werden mit meinen 2010 und 2012 herausgekommenen Büchern gearbeitet haben; ich glaube zumindest meine Aussagen an verschiedenen Stellen eingearbeitet zu finden (aber nicht immer ganz verstanden, was dann teilweise zu nicht immer ganz korrekten Interpretationen führt).
Dr. Yael Adler …sehr viele ihrer Aussagen unterstütze ich: Die Haut vorwiegend mit Wasser reinigen ist absolut sinnvoll, so wenig Tensidkontakt wie möglich ein Muss, eher weniger Kosmetik als zu viel ein exzellenter Rat. Ich bin da in fast allem bei ihr. Öl löst Öl, das stimmt, und ich habe tatsächlich ein Reinigungsöl mit Rizinusölanteil als deutlich entfettendes Produkt erlebt, mehr als meine Reinigungsmilch. Für mich ist dieses Produkt nichts. An der Aussage ist im Kern tatsächlich etwas dran, aber man muss sie differenziert betrachten. Der Kontext der Anwendung ist extrem wichtig – wie bei jedem Rohstoff.
Es gibt jedoch auch Widersprüche, z. B.
in diesem Interview:
Sie spricht von einem »pH-neutralen Wert um die pH 5« – sie meint einen hautneutralen pH-Wert (pH-neutral ist pH 7), ich finde die Ungenauigkeit nicht schlimm. Allerdings betont sie zuerst, wie wichtig dieser leicht saure pH-Wert für eine gesunde Haut ist, warnt völlig richtig vor Kontakt mit basischen Substanzen (wobei sie die die biochemischen Zusammenhänge hier nicht erläutert, sondern nur sehr vage von einer geschwächten Hautbarriere schreibt – vermutlich der erwartungsgemäß nicht wissenschaftlich orientierten Leserschaft des Magazins geschuldet), thematisiert jedoch nicht die Verwendung von Natron als desodorierende Substanz. Eine Dermatologin, so würde ich einfach erwarten, weiß, was Natron mit Proteinen macht und auf Dauer mit der Hautflora, die sie zuvor selbst als wichtig beschreibt.
cicé safer skincare meint vielleicht das Richtige (obwohlich das sehr bezweifle), formuliert jedoch in jedem Fall falsche Bilder: »Der [wasserundurchlässige Mineralölfim] lässt die Hautzellen
überhitzen, wodurch die Haut schneller Feuchtigkeit verliert. Bei der Reinigung wird der Mineralölfilm entfernt –
und mit ihm auch die verdunstete Feuchtigkeit.« Da überhitzt nichts. Die Haut verliert daher auch keine Feuchtigkeit durch »überhitzte Hautzellen«. Der Mechanismus hinter einer dauerhaften Okklusion und ihren fatalen Folgen ist ein anderer. Das Bild hat was … ich sehe sie durstig hecheln, die kleinen, vor sich hindampfenden Korneozyten.
Beyer & Söhne sind an sich in Ordnung. In dem von Dir verlinkten Beitrag sagen sie nicht viel, auf ihrer Webseite sagen sie mehr. Öle schwemmen jedoch nicht per se Öle aus – siehe oben.
Bei
Skincerely Yours wirken die Aussagen semantisch und sprachlich sehr seltsam: »Reine Öle sind harsche Waschsubstanzen, die auch in Krankenhäusern eingesetzt werden, um Krusten zu lösen. Auch werden sie gern zur Herstellung von Seifen verwendet.« Es stimmt: Man verwendet bestimmte Öle (Erdnussöl vor allem), um Krusten sanft zu erweichen, das stimmt, insbesondere da, wo Haare involviert sind, wie auf der Kopfhaut. Man könnte in einem Krankenbett natürlich auch mit Wasser hantieren, aber ich vermute, dass die Öllösung praktikabler ist: Die hohe Viskosität dieses Öls bedingt, dass es anders als reines Wasser vorwiegend dort bleibt, wo man es aufträgt. Auch Wasser löst Krusten … ist es aus diesem Grund auch eine »harsche« Substanz«?
Die Argumentation wird noch seltsamer: »Wenn du nun z.B. statt Squalan ein Olivenöl auf die Haut aufträgst, dann muss die Haut ihre hauteigenen Emulgatoren, Lipide und Feuchthaltefakoren an das Öl „abgeben“, um eine Emulsion herzustellen«. Da wurde etwas gründlich missverstanden – vermutlich Inhalte von mir (»Es gibt sicherlich Menschen, die behaupten, dass sie ihre Haut ausschließlich mit Öl pflegen und ihnen das total gut tut. Das kann dann der Fall sein, wenn die Haut ausreichend Emulgatoren und Feuchthaltefaktoren zur Verfügung hat«). Vielleicht hatte sie vage Vorstellungen von Osmose, Diffusion und Konzentrationsgefälle vor ihrem inneren Auge.
Hesse Skincare formuliert zu Beginn durchaus richtig, wenn auch oberflächlich (vermutlich der Zielgruppe der »Schminktante« geschuldet). Auch durch häufigen Gebrauch nicht richtig wird jedoch die Aussage »aber Erdöle/Silikone verstopfen unter anderem die Poren, die Haut kann nicht mehr richtig Atmen«. Atmen tun wir durch unsere Lunge, die Prozesse in der Haut sind andere. Ich mag Mineralöle und Silikone auch nicht in meinen Produkten, aber sie verstopfen nichts und ersticken nichts. Sie tun ganz andere unerwünschte Dinge.
Dermasence ist vorsichtiger und differenzierter in den Formulierungen. »Reine Pflanzenöle
können sogar zu Austrocknung der Haut führen« – die daran anschließende Folgerung »und sind somit schädigend für die Hautbarriere« wäre als Konjunktiv formuliert seriöser. Auch fehlen mir die Erläuterungen zu den konkreten Prozessen, denn es sind nicht die Öle, sondern die Bedingungen ihrer Anwendungen, die bestimmte Folgen begünstigen. Die folgenden Aussagen stimmen im Kern durchaus: »Insbesondere die enthaltene Ölsäure kann zu einzelnen Irritationen und Hautreizungen führen. Auch weisen reine Pflanzenöle ein erhöhtes Allergiepotential auf.« Natur wirkt, und daher wirkt sie bisweilen auch in unerwünschte Richtungen. Ja, so ist es.
Da die Aussage hinsichtlich der Bessereigung unverseifbarer Lipide fachlich unhaltbar ist, ergibt sich auch keine Notwendigkeit, fortan nur noch mit Squalan zu arbeiten. Ein solides Grundwissen über hautphysiologische Prozesse, der Rolle von hauteigenen Lipiden in diesen und die Eigenschaften pflanzlicher Öle sind eine gute Grundlage für exzellente Hautpflegeprodukte, ob mit oder ohne Wasser. Welche für die aktuelle Hautsituation optimal sind, entscheidet der gesamte Kontext – wie auch über die Form und Häufigkeit der Anwendung.