Hallo zusammen
Ich habe diesen sehr interessanten Thread erst jetzt gelesen und möchte meinen vielen Vorpostern für die angeregte Diskussion/Austausch danken! Ich fühle mich bemüßigt, zum Thema "Atmung der Haut" bzw. zum Sauerstofftransport noch ein paar Anmerkungen aus physikochemischer Sicht beizutragen

. Wenn ich zu sehr "abgleite", bitte ignorieren/überlesen
Erstmal zur "Atmung": Ich denke, der Begriff bringt uns hier gar nicht weiter. "Atmung" ist doch eigentlich eine Beschreibung des Vorganges, dass wir "Landtiere" einen Atmungsapparat (Lunge) durch Muskeln und unbewusste Nervensteuerung dazu bringen, Luft aufzunehmen und wieder abzugeben. Der eigentliche Sauerstofftransport (nämlich aus der Luft in den Körper hinein) findet dann ja sozusagen in einem zweiten Schritt statt (durch Diffusion und Lösung, kommt gleich). Wenn Atmung also "Lungenventilation" bedeutet, ist klar, dass dieser Begriff im Zusammenhang mit Sauerstoffaufnahme durch die Haut nicht taugt
Nun möchte ich zum eigentlichen Vorganges des Stofftransportes kommen. "Stofftransport" bedeutet erstmal ganz allgemein, dass ein Stoff/eine Substanz von einem Ort zu einem anderen gelangt.
Beispiel (A): Ich stelle eine geöffnete Parfümflasche auf einen Tisch und stehe selber in einigem Abstand zum Tisch. Nach einiger Zeit werde ich den Duft wahrnehmen. Was ist passiert? Die Duftmoleküle haben sich langsam zu meiner Nase "vorgearbeitet": Infolge der Brownschen Molekularbewegung (und dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik folgend) werden sie hin und her geschubst und ändern ihren Ort im Raum. Besonders leicht gelangen sie dorthin, wo noch wenig Duftmoleküle sind. Sie bewegen sich also vom Bereich um die Flasche - hohe Konzentration - in Richtung Bereiche mit geringer Konzentration - u.a. meine Nase. Diesen Vorgang nennt man Diffusion.
Beispiel (A1): Wie vor, aber hinter dem Tisch steht ein Ventilator. Nun wird Luft makroskopisch im Raum transportiert. Wenn sich in dieser Luft jetzt Duftmoleküle befinden, werden sie mitgenommen (eine Art physikalische Mitfahrgelegenheit ...

) Die Diffusion findet weiterhin statt, ist aber viel langsamer, als der durch Luftbewegung erzeugte "Dufttransport". Letzteren bezeichnet man als
Konvektion.
Die Konvektion ist für unser Thema ("Hautatmung") nicht relevant, bleiben wir also bei der Diffusion. Einen Ansatz zur Beschreibung lieferte (er heißt wirklich so ...) Adolf Fick (1829 - 1901). Das nach ihm benannte Ficksche Gesetz besagt:
Die transportierte Stoffmenge ist proportional dem Konzentrationsgefälle des Stoffes. Die Proportionalitätskonstante heißt Diffusionskoeffizient.
Kommen wir nun zum Transport
über eine Phasengrenze hinaus:
Beispiel (B): Ich stelle eine Schüssel mit Wasser auf einen Tisch und messe die Konzentration von Sauerstoff im Wasser über einen längeren Zeitraum. Beobachtung: Die Konzentration steigt von etwa 5 mg pro Liter (Leitungswasser) auf etwa 9 mg pro Liter an. Mehr passiert dann nicht: Das Wasser ist mit Sauerstoff gesättigt.
Hier findet nun zum einen die Diffusion von Sauerstoff in Richtung Wasseroberfläche, dort - an der Phasengrenze - der Vorgang der
Lösung von Sauerstoff im Wasser und schließlich innerhalb des Wassers die Verteilung ebenfalls wieder durch Diffusion des Sauerstoffs statt. Das Löslichkeitsverhalten von Gasen in Flüssigkeiten wurde von William Henry (1774 -1836) beschrieben. Das Henrysche Gesetz besagt:
Die Löslichkeit eines Gases in einer Flüssigkeit ist proportional zum Partialdruck des Gases über der Flüssigkeit. Die Proportionalitätskonstante in diesem Fall heißt Henry-Konstante.
In unserem Beispiel: Anteil (Partialdruck) von Sauerstoff in der Luft grob 20 % = 200 Millibar, maximale Löslichkeit (in unserem Beispiel oben gemessen) 9 mg /Liter (das sind etwa 0,0003 mol/Liter). Daraus ergibt sich die Henry-Konstante zu 200 Millibar/0,3Millimol = 670 bar/Mol. Wir schlagen in einer Stoffdatentabelle nach und finden den korrekten Wert von rd. 770 bar/Mol. Da heben wir gar nicht so schlecht gemessen in unserem Experiment!
Und nun zur "Hautatmung" 
Sauerstoff ist nicht nur in Wasser, sondern auch in Fetten/Ölen und anderen (organischen) Substanzen löslich. Sprich: Sauerstoff löst sich in unserer Haut - im Wasser (extra- und innercellulär) sowieso, aber praktisch auch in allen anderen unsere Haut bildenden Substanzen. Wird für Prozesse in der Haut Sauerstoff verbraucht, so wird er "nachgeliefert": vom mit Sauerstoff gesättigtem Körperinnern (und dort letztlich über die "echte" Lungenatmung!) sowie bei Bedarf natürlich - alleine in dem Streben nach einem Gleichgewichtszustand - über den Luftsauerstoff der Umgebung. Dieser Lösungsvorgang von außen in die Haut wird von einer wie auch immer gearteten Creme/Lotion nicht gestört!
Fazit:
Über Diffusion und Lösung wird auch aus der Umgebungsluft Sauerstoff von der Haut aufgenommen. Dieser Vorgang wird gewissermaßen physikochemisch/thermodynamisch "erzwungen" und findet bis zur Sättigung immer statt. Cremes können diesen Vorgang nicht verhindern. Eine "Hautatmung", die wegen "verstopfter Poren" gestört ist, gibt es nicht!
Merci
Nine