Reinlecithin noch aktuell?

Frisch zum Rühren entschlossen? Fragen über Fragen? Hier gibt es Antworten, erste Wegweiser und garantiert geduldige Hilfe. Fragen stellen ist ausdrücklich erwünscht!

Moderator: Helga

Forumsregeln
Dieses Unterforum richtet sich speziell an Rühreinsteiger und neue Mitglieder, die teilweise noch keinen Zugang zu spezifischen Unterforen haben. Damit wir Dich optimal unterstützen und mit Dir nach einer Lösung suchen können, sind einige Aspekte sehr wichtig.


BITTE BEACHTE FOLGENDE REGELN:
  • Bei Fragen zu einer Formulierung notiere bitte die gesamte Rezeptur in Prozent. Solltest Du aktuell nur Grammangaben haben, hilft Dir dieser Rechner die prozentualen Anteile der einzelnen Inhaltsstoffe auszurechen. Du hast Angaben in Tropfen oder ml? Mit hoher Wahrscheinlichkeit können wir anhand der genannten Rohstoffe eine geeignete Einsatzkonzentration in % vorschlagen.
  • Beschreibe bitte genau, wie Du bei der Herstellung vorgegangen bist. Dazu gehört auch, welches Rührgerät Du verwendet hast, bei welcher Temperatur gearbeitet wurde, wie lange welche Phase dauerte. Alle diese Details helfen bei der Einschätzung des Ergebnisses.
  • Bitte notiere die korrekte und vollständige Bezeichnung der Rohstoffe, so gut es Dir möglich ist. »Dermosoft« ist z. B. ein Handelsname, kein konkretes Produkt (Dermosoft® GMCY oder Dermosoft® 1388 eco wären konkrete Produkte). »Cranberry« kann alles mögliche sein, schreibe also »Cranberryöl« oder »Cranberryextrakt«. Gerne kannst Du die INCI-Bezeichnung für einen Rohstoff verwenden, wenn Du unsicher bist, da viele Händler aus markenschutzrechtlichen Gründen Phantasienamen verwenden. Die Nennung von konkreten Shops ist nicht erwünscht.
  • Bitte mache Dir bewusst, dass die, die Dir hier antworten, diese Fragen teilweise seit 2007 beantworten und dies völlig kostenfrei, neben Beruf, Haushalt, Pflege von Kleinkindern und Angehörigen leisten. Sie freuen sich über ein ernst gemeintes »Danke« und werden deine Bemühungen anerkennen, bei der Lösung eines Problems mitzuhelfen.
  • Nutze ergänzend die von uns zusammengestellten Infos und Hilfen für Einsteiger im entsprechenden Bereich, vor allem Ressourcen der Mutterseite olionatura.de. Als Antwort wird oft auf diese Ressourcen verwiesen – nicht als Vorwurf, sondern weil da viele Dinge bereits beantwortet sind und man sie nicht immer wieder tippen muss.
Antworten
Tueftlerin
Rührgeselle
Rührgeselle
Beiträge: 148
Registriert: Samstag, 29. September 2018, 18:52
6

Reinlecithin noch aktuell?

Ungelesener Beitrag von Tueftlerin »

Mich würde interessieren, ob Ihr noch mit Reinlecithin arbeitet, nachdem es nun ja Präparate wie Fluidlecithin gibt...und ob es da Vor- oder Nachteile gibt. Ich finde die früheren Experimente von Euch mit dem Vorquellen von Lecithin sehr interessant

Hier noch eine Frage an Heike, ob man so etwas wie das unten kopierte Rezept für ein "Lecithin-Organogel" auch selbst herstellen könnte? Das hatte ich in einem Artikel der Deutschen Apothekerzeitung gelesen, verlinken ging leider nicht.
Kopiebeginn:
Lecithin-Organogele
Ein weiteres interessantes Oleogelsystem stellen die Lecithin-Organogele (LO) dar, die bereits 1988 von Scartazzini und Luisi in der Literatur beschrieben wurden [5]. Sie bestehen aus Lecithin, das die Rolle des Gelbildners übernimmt, einem unpolaren Lösungsmittel, das die zusammenhängende externe Phase darstellt, und einer kleinen Menge an polarer Flüssigkeit, meist Wasser. Zur Herstellung wird zuerst das Lecithin in einer geeigneten lipophilen Flüssigkeit, zum Beispiel einem pflanzlichen Öl, Isopropylmyristat oder Isopropylpalmitat, gelöst. Die Lecithin-Moleküle bilden dabei inverse kugelförmige Mizellen. Durch die Zugabe einer polaren Flüssigkeit, zum Beispiel Wasser, Glycerol oder Ethylenglykol, kommt es nun zur Gelbildung. In der Literatur ist beschrieben, dass es durch den Wasserzusatz zu einem uniaxialen Wachstum der kugelförmigen Mizellen zu zylinderförmigen Mizellen kommt, welche sich überlappen und ein dreidimensionales Netzwerk bilden [7]. Mechanistisch wird davon ausgegangen, dass der Wasserzusatz zur Bildung von Wasserstoffbrücken zwischen den Phosphat-Kopfgruppen benachbarter Phospholipid-Moleküle führt und so die Bildung zylindrischer Assoziate ermöglicht [8]. Dieser Mechanismus und die Struktur der zylindrischen Assoziate sind in Abbildung 3 dargestellt. Das molare Verhältnis von Wasser zu Lecithin ist dabei typischerweise 2 : 10 und variiert abhängig von der chemischen Struktur der lipophilen Phase. Zu große Mengen an Wasserzusatz können zu einer Destabilisierung des Gels führen.

Abb. 3: Darstellung der Bildung des dreidimensionalen Netzwerks aus zylindrischen Mizellen bei der Herstellung von Lecithin-Organogelen [8, 13].
Lecithin-Organogele wurden in etlichen Studien bereits als Carrier für hydrophile und hydrophobe Wirkstoffmoleküle verwendet. Hydrophobe Moleküle werden direkt in der Ölphase gelöst, wohingegen hydrophile Moleküle der polaren Flüssigkeit, die zum Einsetzen der Gelbildung verwendet wird, zugesetzt werden [7]. Bei der Herstellung dieser Organo­gele sollte noch beachtet werden, dass synthetische Lecithine mit lediglich gesättigten Fettsäuren nicht verwendet werden können, da es hier nicht zur Gelbildung kommt. Zusätzlich sollte der Phosphatidylcholin-Anteil des eingesetzten Lecithins mindestens 95% betragen. Einer der großen Vorteile dieses Oleogels ist die relativ einfache Herstellung basierend auf der Selbstassoziation der Lecithin-Moleküle. Es handelt sich um ein thermodynamisch stabiles System, das unempfindlich für Feuchtigkeit ist. Durch die Balance von hydrophilem und lipophilem Charakter interagiert das Lecithin-Organogel gut mit den epidermalen Strukturen der Haut und verbessert so die Wirkstoffpenetration und den Transport von Wirkstoffmolekülen. Werden pharmazeutisch akzeptierte Hilfsstoffe verwendet, so ist das Gel auch bei langer Anwendungsdauer gut verträglich [9].

Liebe Grüße von Tueftlerin

Benutzeravatar
Heike
Administrator
Administrator
Beiträge: 34891
Registriert: Sonntag, 10. Juni 2007, 20:37
17
Wohnort: Leverkusen
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von Heike »

Tueftlerin hat geschrieben:
Samstag, 10. November 2018, 15:21
Mich würde interessieren, ob Ihr noch mit Reinlecithin arbeitet, nachdem es nun ja Präparate wie Fluidlecithin gibt...und ob es da Vor- oder Nachteile gibt. Ich finde die früheren Experimente von Euch mit dem Vorquellen von Lecithin sehr interessant
Die Fluidlecithine gab es damals, als ich die Experimente mit dem Reinlecithin-Gel startete, auch schon. :-) Ich fand die Tests einfach spannend, zumal es damals kaum Informationen zu Lecithinen als kosmetische Emulgatoren gab und sie neben Pflanzenölen und Unverseifbarem die Hauptkomponenten in meinem Konzept waren.

Die von Dir genannten Lecithingele, die Scartazzini und Luisi 1988 beschrieben haben, scheinen ebenfalls auf die Arbeit von Kleinsorgen zurückzugehen, diese ist aus dem Jahr 1981 – es sind die Grundlagen, die wir hier bereits vor über 10 Jahren – siehe Link – thematisiert haben.

Ich liebe hydriertes Lecithin; Reinlecithin habe ich damals nach den Tests irgendwann ad acta gelegt. Hier war einige Zeit noch das etwas hochwertigere Hansa-Lecithin Thema, das deutlich mehr Phosphatidylcholin enthält.
Liebe Grüße
Heike

Tueftlerin
Rührgeselle
Rührgeselle
Beiträge: 148
Registriert: Samstag, 29. September 2018, 18:52
6

Ungelesener Beitrag von Tueftlerin »

Da hast Du/habt Ihr damals ja richtige Pionierarbeit geleistet - schade, nicht dabei gewesen zu sein.
Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort!
Ich habe noch viele Fragen, aber nun werde ich erst mal weiter lesen und v.a. experimentieren!

Liebe Grüße von Tueftlerin

Benutzeravatar
Heike
Administrator
Administrator
Beiträge: 34891
Registriert: Sonntag, 10. Juni 2007, 20:37
17
Wohnort: Leverkusen
Kontaktdaten:

Ungelesener Beitrag von Heike »

Tueftlerin hat geschrieben:
Samstag, 10. November 2018, 17:35
Da hast Du/habt Ihr damals ja richtige Pionierarbeit geleistet - schade, nicht dabei gewesen zu sein.
Ganz unbescheiden: Ja. ;-) Was heute im DIY-Bereich im deutschsprachigen Raum Konsens ist, ist hier entstanden. Wir haben Selbstrührer-Geschichte geschrieben. :schmatz:
Liebe Grüße
Heike

Korsin
Bachelor of Creams
Bachelor of Creams
Beiträge: 2390
Registriert: Freitag, 24. August 2018, 00:56
6
Wohnort: Berlin

Ungelesener Beitrag von Korsin »

wow!
Bin ich froh, hier gelandet zu sein.
Liebe Grüße
Korsische Prinzessin

Tueftlerin
Rührgeselle
Rührgeselle
Beiträge: 148
Registriert: Samstag, 29. September 2018, 18:52
6

Ungelesener Beitrag von Tueftlerin »

Das geht mir aber ganz genau so!

Liebe Grüße von Tueftlerin

Antworten