Schönen Abend, liebe Peggy!
Ich habe Deinen Vorstellungsbeitrag gelesen aber noch nicht geantwortet.

Du stellst eine große Gretchenfrage aller Neurodermitiker, von denen auch ich einer bin. Daher kann ich Dir also die Sicht eines Betroffenen bieten und hoffe sehr, dass sie Dir helfen wird.
Nach meiner persönlichen Erfahrung haben wir Neurodermitiker sogar einen Vorteil gegenüber Menschen mit gesunder Haut, was das Erkennen perxoidbelasteter Fette betrifft. Ich nenne Dir ein Beispiel: Ich hatte kürzlich übersehen, dass mein Wildrosenöl schon ein paar Tage über seinem Ablaufdatum war, tat mir spätabends einen geschätzten halben Teelöffel auf die mit Wasser befeuchteten Hände und Unterarme (um nach nunmehr gebesserter Hautsituation zu erproben, welche Öle mir derzeit gut tun) - und hatte knapp zwei Stunden später diese typischen kleinen Bläschen, die mir zeigen, dass ein Öl nicht ganz in Ordnung war. Es roch übrigens noch hervorragend.
Was ich damit sagen will, ist dies: Kranke Haut merkt deutlich früher, was ihr schadet. Unser Spagat zwischen stark ungesättigten Ölmischungen und oxidativer Stabilität ist ein klassisches Dilemma, das ich auch von Fall zu Fall mit der jeweils nötigen Vorsicht zu erwägen habe. Und hier sind wir bei einem wichtigen Punkt: Von Fall zu Fall braucht die Haut durchwegs unterschiedliche Mengen ungesättigter Fettsäuren - gerade bei einem so wechselhaften und vielschichtigen Hautproblem wie dem unseren. Einheitliche Empfehlungen würde ich in dieser Sache niemandem geben, weil es von Faktoren abhängt, die man leicht übersehen kann und die immer auch vom persönlichen Hautzustand abhängen.
Wiederum will ich Dir ein Beispiel nennen: Ekzematöse Haut hat (nach Aussage einer Hautärztin, bei der ich war) nicht nur weniger Talgdrüsen, sie ist auch sonst sehr träge bei der Produktion ihres Hydro-Lipid-Films, in welchem, so ergänze ich, hauteigene Antioxidantien (nicht zuletzt das durch Quenchen von Sauerstoffradikalen lichtbedingte Oxidation abfedernde Squalen) enthalten wären, die der Haut nun folglich fehlen. Selbst wenn ich keine Behandlung mit Gamma-Linolensäure und den anderen üblichen Verdächtigen vornehme, wird eine solche Haut durchaus gesteigerte Probleme haben, die Oxidation ihrer Lipide zu verhindern - auch der selbst produzierten. Sollte sie darüber hinaus auch des die Barriereschichten stabilisierenden Cholesterols ermangeln, ist der Schmelzpunkt der gesamten Barriere entsprechend niedriger und ihre Fluidität im selben Maß gesteigert. Sterole (also auch Phyto-) haben außerdem eine Schutzwirkung gegen UVA-bedingte Hautalterung, indem sie die Aktivierung von Enzymen bremsen, deren Aufgabe es ist, Kollagen abzubauen.
Dass einer neurodermitischen Haut Sterole fehlen, kann je nach aktueller Krankheitsphase äußerst leicht passieren, wie ich durch gezieltes Anbieten von Sterolen (Sheabutter, Avocadoöl, WWA, ...) schon erfolgreich kompensieren und für mich damit indirekt nachvollziehen konnte. Umgekehrt, könnte man sagen, mag eine Behandlung mit mehrfach Ungesättigtem, wenn sie der Haut ihre natürlichen Schutzmechanismen wieder zurückgibt oder zumindest stärkt, trotz des immanenten Risikos schädlicher Peroxidbildung ihre Berechtigung haben.
Die Sache wird zusätzlich komplizierter, indem auch vermeintlich gesättigte Fettsäuren durch entsprechende Enzyme einen Umbau erfahren. So kann aus Stearinsäure Ölsäure werden. Die Existenz dieser sogenannten Desaturasen ist für den menschlichen Fettstoffwechsel zwar allgemein bekannt, zumindest mir war es aber bis vor kurzem noch nicht ganz klar, ob die besagte Entsättigung von Fettsäuren auch im Rahmen der Haut stattfindet, aber ich habe durch einen Vergleich von Sheabutter mit einer im Stearinsäure-Anteil äquivalent dimensionierten Stearinsäure-Squalan-Mischung experimentell, wie ich meine, nachweisen können, dass die Stärkung der Hautbarriere sowie der okklusive Effekt isolierter Stearinsäure höher ist als jener der (mit Glycerin) veresterten. In beiden Fällen führte ich meiner Haut dieselbe Menge zu, und der einzige Unterschied war meines Erachtens die Freisetzungsgeschwindigkeit, welche so drängt sich mir die Schlussfolgerung auf, der Entsättigung der Stearinsäure zu Ölsäure mehr Zeit gewährte und damit ihre Wirksamkeit erhöhte, ehe sich der nicht-entsättigte Stearinsäure-Rest in der Hornschicht anlagern konnte.
Was ich damit sagen will, ist dies: Schon der Blick auf das Fettsäurespektrum eines Öls oder einer Butter sagt uns längst noch nicht alles über den Sättigungs- oder eben Nichtsättigungsgrad ihres Ergebnisses, wie es schlussendlich in der Hautbarriere ankommt.
Abgesehen vom Aufpassen und Herantasten an gerade noch gut wirksame Dosen und gerade noch erträgliche Licht- und Wärmeoxidation möchte ich Dir auch noch einen anderen Rat geben, den mich wiederum meine eigene Hautpflegepraxis gelehrt hat:
Wie Heike es uns schon in ihrem anschaulichen Spreitmoddel auf Olionatura vor Augen führt, liegen Fette, wie wir sie verwenden, mehr oder weniger lang auf der Hautoberfläche "herum", ehe sie am Ende ganz durch Lipasen zerlegt und in die Hornschicht aufgenommen worden sind. Mein Rat ist nun, Deine Hautpflegeprodukte nicht zu parfumieren und Deine Nase zu schärfen, wie die verwendeten Fette auf der Haut riechen. So kannst Du mit einem Mal Schnuppern (und einer gewissen Übung, versteht sich

) zum Beispiel erkennen: Das Nachtkerzenöl ist noch schwach zu riechen, daher noch nicht ganz eingezogen und die betreffende Hautstelle folglich noch vor Sonnenlicht zu schützen. Avocado-, Macadamianuss-, Weizenkeim-, Wildrosenöl, Sheabutter, und so weiter - alle haben sie ihren charakteristischen Geruch, dessen Abwesenheit uns überhaupt erst zur Vermutung anstiften darf, das jeweilige Fett sei nun endlich eingezogen. Wirklich wissen können wir es auch dann noch nicht zu hundert Prozent - aber die Wahrscheinlichkeit ist schon deutlich größer.
Ich erwähne diesen Sachverhalt nicht ohne Grund, denn gerade im Sommer neigen Fettmischungen eher dazu, länger aufzuliegen. Es mag sein, dass wir einen therapeutischen Grund für ihre Zusammensetzung hatten, uns lediglich in der Anwendungsmenge irrten, doch der von mir oben skizzierte Test hat gegenüber rein haptischer Feststellung einen deutlichen Vorteil: Wenn ich keine Nase hätte, wäre mir heute Mittag gar nicht aufgefallen, dass es noch uneingezogenes Weizenkeimöl auf meinen Oberarmen gab. Die Haptik mit und ohne Wasserkontakt gab mir dafür leider keinen stichhaltigen Beweis.
Achte auch darauf, dass die aufgebrachten Fette möglichst gut in die Haut aufgenommen wurden, ehe Du die Haut mit Kleidung bedeckst. Der Grund ist trivial: Während Deine Haut über ihr eigenes Antioxidantien-Netzwerk verfügt, hat Deine Kleidung leider keines. Jeder Öl- und Cremerest, der sich dort verfängt, wird gnadenlos ranzig, peroxidiert beim neuerlichen Hautkontakt zuerst die Oberflächenlipide und kann die Haut in weiterer Folge sehr sehr unruhig werden lassen. Im Zweifelsfalle rieche an der Kleidung, ob sie nach Deiner Hautpflege oder gar schon nach ranzigen Fetten riecht. Aus eng anliegender Kleidung wie zum Beispiel den weißen Baumwollhandschuhen, die ich nach dem Einschmieren meiner Handekzeme trage, können kleine Mengen Fett von den hauteigenen Lipasen offenbar "miterledigt" und im Anschluss durch die Haut erfolgreich aufgenommen werden.
Der Anhaltspunkt ist auch hier wieder der Geruch. Riechen die Handschuhe nach zwei Stunden noch nach der Hautpflege oder müffeln sie bereits nach Fett, das sich gerade zu würzigen Aldehyden

weiterentwickelt, so empfiehlt es sich, frische Handschuhe zu verwenden.
Nun denn, das war die Textlawine meiner ersten Gedanken zu diesem umfangreichen Thema.
Freundlich grüßt und emsig winkt
Harald - mehrfach ungesättigter Pflösch
