Spreit- und Penetrationsverhalten von Ölen

Fettsäurespektren, Jodzahlen und Fettbegleitstoffe – hier werden Öle, Buttern und Wachse en detail gewürdigt.

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Spreit- und Penetrationsverhalten von Ölen

Ungelesener Beitrag von Heike »

Seit Sommer 2006 beschäftigt mich ein Thema in ganz besonderer Weise, nämlich die Möglichkeiten, pflanzliche Lipide in eine Systematik einzuordnen, die kosmetisch und emulsionstechologisch sinnvoll ist. Dies betrifft die Haptik (also Hautgefühl, Auftragsverhalten) und die pflegenden Eigenschaften (Rückfettung, Barriereschichtregeneration u. a.).

Die bisherigen Einteilungen auf Olionatura waren für mich immer ein Provisorium – nicht falsch, aber sie trafen bisher nicht exakt das, was meine Erfahrungen und mein Wissen wiederspiegelt. Ich habe die letzten 3 Jahre viele Daten zusammengetragen, aus Dissertationen, wissenschaftlichen Fachartikeln, aus persönlichen Gesprächen mit deren Autoren, darunter Dr. Lautenschläger und Dr. Ansmann, dem »Vater« der Spreitkaskade. Gerade dieser persönliche Austausch hat mir wichtige Impulse gegeben.

Jetzt, im Kontext der Vorbereitungen für mein Buch, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, die Erkenntnisse aus diesem Fundus umzusetzen – nein, nicht in einer völligen Umkehrung bisheriger Systematiken, aber in Details. Dr. Ansmann vor allem hat mir Mut gemacht, eigene Kategorisierungen vorzunehmen. Fakt ist: im Bereich pflanzlicher Öle gibt es bisher keine Systematik, die ihre kosmetischen Eigenschaften über klischeehafte Aussagen hinaus beschreibt (die meistens von einander abgeschrieben sind, daher liest man oft das gleiche Falsche); ich kenne nur meine eigene.

Eine erste Änderung habe ich bereits vor Monaten vorgenommen, nämlich die Korrektur der Spreiteigenschaften von Pflanzenbuttern. Hier bin ich anfangs einem Irrtum aufgesessen: irrtümlicherweise führte ich die erhöhten Spreiteigenschaften von Avocadoöl auf die enthaltenen unverseifbaren Anteile zurück. Aus diesen schloss sich, dass sich dann auch phytosterolreiche Pflanzenbuttern in einer Emulsion als schnellspreitend erweisen müssten. Avocadoöl zieht tatsächlich schnell ein und »spreitet« haptisch betrachtet etwas besser als andere Öle, aber aus anderen Gründen.

Die Erfahrungspraxis mit verschiedenen Phytosterolpräparaten und mit Sheabutter selbst zeigte mir jedoch, dass sich das Auftragsverhalten und der Grad der wahrgenommenen Rückfettung mit zunehmendem Phytosterolgehalt verändern: die Emulsion wird reichhaltiger, wirkt rückfettender und liegt länger auf – typische Merkmale für langsam spreitende Lipide. Bei hohem Wassergehalt einer Emulsion wird es besonders deutlich: ein höherer Anteil an Sheabutter, kombiniert mit einem der gängigen langsamen Spreiter, zeigt haptisch eine deutliche Spreitlücke, die Emulsion tendiert zum Stoppen, »bricht auf«, es fehlt die Geschmeidigkeit. Hier sind es vor allem die gesättigten Fettsäuren, denn Traubenkernöl verhält sich ganz anders – es hat jedoch auch nur 4 % Stearinsäure. Meine Erfahrung ist: hoher Anteil an langkettigen gesättigten Fettsäuren plus Phytosterolen mindern die Pentrationsgeschwindigkeit und das Spreitvermögen, beide haben hohe Schmelzpunkte.

Fakt ist: die Nomenklatur der Spreiteigenschaften, d. h. die Unterteilung in niedrig- (= langsam), mittel- und hoch-(=schnell) spreitende Öle – auf unsere pflanzlichen Öle übertragen – zeigt, dass wir keine echten schnellen Spreiter haben. Das, was wir als »schnelle« bezeichnen (Squalan, Neutralöl, Kokos-, Babassuöl, Palmkernöl), sind nach Dr. Uwe Zeidler und Dr. Ansmann mittlere Spreiter. Die Kosmetikindustrie arbeitet u. a. mit Estern, die superschnell spreiten. Das ist der Grund, warum konventionelle Emulsionen so leicht und nichtfettend oder, wie Dr. Ansmann es bezeichnet, »elegant« wirken.

Fakt ist: Wir haben durchweg nur langsame, oder um es korrekt zu sagen, Niedrigspreiter. Auch Avocado-, Traubenkern-, Sesamöl kommen nach Zeidler und Ansmann nicht in den Bereich der mittleren. Buttern jedoch sind noch langsamer – diese Erkenntnis hat mich bereits vor Monaten dazu gebracht, die Spreiteigenschaften von Sheabutter und Co vermutlich unbemerkt von vielen :kicher: korrekt auf »langsam« zu setzen (die Bestätigung von fachlicher Seite kam später, aber sie kam). :-)

Nun denke ich weiter: schnelle Spreiter haben wir nicht. Aber innerhalb unserer Palette an verfügbaren Lipiden haben wir ebenfalls deutliche Sprünge in den Spreiteigenschaften. Um die Haptik unserer Emulsionen zu verbessern, bietet sich an, mit einer eigenen Systematik zu arbeiten, die die Öle neu nach unseren Gegebenheiten ordnet,

eine naturkosmetisch orientierte Systematik der Spreiteigenschaften pflanzlicher Lipide:

hochspreitend (naturkosmetisch schnelle Spreiter): Squalan, Neutralöl, Babassuöl, Kokosöl, Palmkernöl (und andere Öle mit kurzen/mittleren gesättigten C-Ketten von C8:0–C14:0)

mittelspreitend (naturkosmetisch mittlere Spreiter): alle Öle mit mittleren/langen ungesättigten C-Ketten ab C16:1/C18:1 (Mandelöl, Avocadoöl, Nachtkerzenöl usw.)

niedrigspreitend (naturkosmetisch langsame Spreiter): Pflanzenbuttern mit hohem Anteil an gesättigten Fettsäuren und langen C-Ketten (ab C18:0), je nach Herkunft und Zusammensetzung auch Sheaöl.

Kurz: wir verschieben die Sprünge im Spreitverhalten einfach nach unten und nehmen extrem langsame Niedrigspreiter in die 3. Kategorie auf. Konsequenz daraus ist: wer besonders leichte, geschmeidige, nicht klebrige Emulsionen (Lotionen z. B.) wünscht, nimmt einen guten Anteil an Squalan, MTC-Fetten (Neutralöl), Kokosöl und Co, einen sehr geringen an Pflanzenbuttern und holt sich z. B. die Phytosterole und Lecithine aus Traube, Avocado und Sesam. Wenn eines dieser Öle drin ist, kann man auch auf die Sheabutter verzichten – wenn's ganz leicht, aber fluidisierend und verhorungsregulierend sein soll.
Im mittleren Pflegebereich können die Hochspreiter verringert, der »Mittelbau« verbreitert und gezielt geplant werden – trocknend, halbtrocknend, nicht trocknend, gemäß gewünschter Fettsäuremuster. Shea und Co sollten sich nicht zu breit machen, sonst stoppt es zu stark. Erst ab 35 % Fettphase sind höhere Pflanzenbutteranteile angenehm.
Rückfettende Emulsionen schöpfen aus dem Bereich der naturkosmetisch mittel und niedrigspreitenden Lipiden; die hochspreitenden dürfen in kleinen Anteilen für die notwendige Geschmeidigkeit sorgen – müssen aber nicht. Hier bewegt sich die eigene Erwartung an das Produkt deutlich Richtung »Rückfettung« und »Schutzfilm«.
In der Praxis machen wir das ja schon. Nur kann ich nun nach diesem Modell erläutern, warum ein Rezept von mir keinen mittleren Spreiter hat (weil ich weder Avocado- noch Sesam- noch Traubenkernöl verwendet habe) und es dennoch gut komponiert ist. :-)

Was ist mit Phytosterolen und Lecithin?
Auch hier haben meine Recherchen der letzten 3 Jahre, verbunden mit meiner Praxis, Ergebnisse gebracht, die bisherige Annnahmen modifizieren.
Konzentriertes ungesättigtes Phosphatidylcholin ist stark fluidisierend und penetrationsfördernd – siehe mein Experiment mit einem Ölgel. Lecithin als Substanzgemisch in pflanzlichen Ölen besteht auch aus anderen Phospolipiden, darunter solchen, die diese penetrationsfördernden Eigenschaften nicht haben. Ihre fluidisierende Wirkung ist dennoch da, alleine durch die Freisetzung von Linolsäure bei Spaltung durch Lipasen in der Hornschicht. Interessanterweise zeigen sich in einer Studie Varianten von Ölen, denen das Lecithin entzogen wurde, als schneller einziehend als die mit natürlichem Lecithingehalt – erwiesen für Soja- und Weizenkeimöl. Lecithin in Ölen scheint also stärker rückfettend zu wirken und die Einziehgeschwindigkeit eher zu mindern. Fluidisierung und Penetrationsgeschwindigkeit sind zwei verschiedene Dinge.

Bei Phytosterolen in pflanzlichen Ölen ist es ähnlich: sie scheinen die Einziehgeschwindigkeit gemäß dieser Studie zu verringern. Isoliert hinzugesetzt (UdA, Phytosteryl Macadamiate, Gamma-Oryzanol) machen sie Emulsionen reichhaltiger, »dichter«, okklusiver. Aber: sie sind hautphysiologisch aktiv, bauen sich in die Lipidschichten ein, emulgieren hauteigenes Wasser – sie wirken in der Hornschicht. Sie gehören zu unseren wertvollsten Wirkstoffen, sozusagen.

Penetration: Geschwindigkeit und Tiefe
Neben der Penetrationsgeschwindigkeit müssen wir jedoch die Penetrationstiefe in Betracht ziehen: Kokosöl spreitet (in unserem naturkosmetischen Bezugsfeld) sehr schnell, zieht auch schnell ein – aber nicht tief. Seine kurzen C-Ketten schmiegen sich in die oberflächlichen Vertiefungen des Stratum corneum und erzeugen ein schnelles Gefühl der Glätte. Unser (naturkosmetisch mittelspreitendes) Mandelöl zieht langsamer ein, aber der hohe Ölsäureanteil, verbunden mit dem geringen Anteil angesättigten Fettsäuren, lässt sie sehr gut penetrieren (Stichwort »Kinkenstruktur«), zudem ist Ölsäure einer der Majorfettsäuren in der menschlichen Haut und interagiert mit den Barrierelipiden, so dass sie auf diesem Weg in tiefere Schichten des Stratum corneum gelangt. Das gilt allerdings nicht für alle ölsäurebetonten Öle: Erdnussöl liegt extrem lange auf, penetriert kaum, daher kann man es so gut zum langsamen Aufweichen (»Mazerieren«) von Babyschorf einsetzen.Tja, so einfach ist das alles nicht. :-) Übrigens: gemäß mir vorliegender Unterlagen penetriert Mandelöl tiefer als Avocadoöl. Avocadoöl wird eine mäßige, Mandelöl eine gute Penetrationstiefe ins Stratum corneum bescheinigt. Mandelöl zieht aber langsamer ein. Tja, das sind zwei paar Schuhe.

Aus diesem Grund möchte ich Lecithine und Phytosterolgehalte aus dem »naturkosmetischen Spreitmodell nach Olionatura« herausnehmen und unter kosmetischen Aspekten in ein ergänzendes Modell packen, zudem sie sehr spezifische Wirkeigenschaften haben. Die Kombination nach Spreitwerten ermöglicht u. a. eben, den Grad der haptischen Rückfettung, die Okklusivität, die Geschmeidigkeit des Auftragverhaltens zu steuern. Die Auswahl innerhalb unserer »naturkosmetisch mittleren Spreiter« ist dann eine Möglichkeit, dort gezielter nach Fettsäuremustern (hier eben auch nach Jodzahl und nichttrockmend, halbtrocknend und trocknend) zu gucken und sich leichtere oder reichhaltigere, schnell einziehende oder stärkere okkludierende Kombinationen zusammenzustellen – ganz wie die eigene Haut es braucht.

Last not least: die Diskussion um Konservierung von Produkten und Eigenstabilität unserer Öle haben mich die letzten Monate dahin geführt, auf eine oxidationsstabile Basis zu setzen – dies hat auch Konsequenzen auf die gesamte Zusammenstellung von Ölen. Wir handeln ja schon nach diesem Modell, aber ich möchte es eben gerne handfest verschriftlichen und in eine nachvollziehbare und transparente Systematik packen, ergänzt mit übersichtlichen Tafeln und Praxis-Hilfen. Es wäre die erste naturkosmetisch orientierte und begründete Systematik. Ich glaube, es ist Zeit dafür.

Auf Olionatura werde ich in den nächsten Wochen diese Erkenntnisse umsetzen und auch die Beschreibung des Spreitverhaltens insofern korrigieren, dass sich das Modell von Dr. Uwe Zeidler und das naturkosmetisch orientierte von Olionatura getrennt notiere. Ja, langer Beitrag :-D … ich ordne noch, bin noch im fachlichen Austausch, weil es noch einige gedankliche Puzzleteile gibt, die ihren Platz suchen. Aber es tut gut – dieses Chaos in meinem Kopf, diese gedanklichen Notizzettel werden in absehbarer Zeit gut strukturiert vorliegen. Ich freue mich drauf!
Liebe Grüße
Heike

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lavendelhexe
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Ungelesener Beitrag von lavendelhexe »

Wow :eek: Wieder mal geballte fundierte Infos von dir, die ich langsam verdauen muß. Aber ich bin begeistert, dass du nicht bei einem Modell stehenbleibst, sondern weiter schaust und u.U. auch neue Modelle entwickelst, mit denen wir besser verstehen können, WAS wir da eigentlich mixen. Danke dir dafür, dass du uns immer wieder an deinem Wissen teilhaben läßt - und es in verständlicher Form präsentierst :bluemchen:
Liebe Grüßlis,
Lavendelhexe

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Heike
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Ungelesener Beitrag von Heike »

lavendelhexe hat geschrieben:Wow :eek: Wieder mal geballte fundierte Infos von dir, die ich langsam verdauen muß. Aber ich bin begeistert, dass du nicht bei einem Modell stehenbleibst, sondern weiter schaust und u.U. auch neue Modelle entwickelst, mit denen wir besser verstehen können, WAS wir da eigentlich mixen. Danke dir dafür, dass du uns immer wieder an deinem Wissen teilhaben läßt - und es in verständlicher Form präsentierst :bluemchen:
Ich hoffe, dass man mich verstehen kann. :-) Ich bin so voll mit Ideen und Gedanken, die ich unbedingt teilen möchte.
Ja, das ist ein ständiger Prozess. Dazu gehört auch, einmal formulierte Hypothesen notfalls umzuwerfen, wenn neue Informationen hinzukommen, die ein anderes Bild zeichnen. Ich sah Widersprüche, die mich unzufrieden zurückließen. Zudem ist die Datenlage schwer, selbst fachliche Veröffentlichungen formulieren teilweise eher pauschal (Beispiele findet man viele; Beschreibungen von Ölen charakterisieren sie durchgängig als »gut einziehend«, wo wir doch alle aus der eigenen Praxis wissen, dass es da erhebliche Unterschiede gibt. Heißt »gut« zudem »schnell« oder »tief« oder beides?) Leider bedeutet diese Weiterentwicklung auch, dass ich heute manche Aussagen in der Vergangenheit (»Buttern spreiten schnell«) hier wie woanders revidieren müsste. Das bedeutet auch, dass ich Fehler eingestehen muss. Mir ist aber wichtiger, korrekt zu sein als unfehlbar.

Vor allem: wenn ich nachlese, wie sich unsere Kompositionen die letzten Monate entwickelt haben, lese ich ganz deutlich heraus, dass wir – bewusst oder unbewusst, ob locker aus der Hüfte oder mit Feinwaage – stimmige Rezepturen entwickeln, die aber eben nicht dem Spreitmodell von Zeidler entsprechen. Danach hätten wir ja keine Spreitlücke, wenn wir bestimmte Öle kombinieren. Praktisch haben wir die aber nach diesem Modell immer. Grund: wir arbeiten nicht mit synthetischen, verzweigten Estern als Superspreitern (doch: IPM hat einen Spreitwert über 1000 – im Vergleich Squalan ca. 602, Mandelöl knapp 200, das sind die Quadratmillimeter, die sie in 10 Minuten bedecken. Aber IPM will ich nicht). Wir brauchen eine eigene Spezifik mit den Ölen, die wir verwenden und die daraus ein Optimum an Pflege, Stabilität, aber auch an Haptik herausholt. Ich gestehe offen: ich liebe schöne Emulsionen, und ich verwende ungerne klebrige, stoppende Formulierungen, auch wenn sie gut tun. Es geht auch anders, und das Schöne ist: ohne Einbußen der kosmetischen Wirkung.

Das neue Modell orientiert sich an den Gegebenheiten und versucht, diesen gerecht zu werden. Wenn wir eben dem Originalmodell nicht entsprechen, weil dieses andere Lipide in den Vergleich hinein nimmt, muss ein eigenes her.

Noch einmal zu den Phytosterolen:
Sterole erhöhen den Schmelzpunkt der Lipide in der Membran und machen die Barriereschicht in der Hornschicht auch »dichter« und steifer. Normalerweise ist die Membran sehr beweglich und eben nicht statisch. Das bedeutet für den Einsatz von Phytosterolen eben, dass sie durch die Analogie zu den Hautlipiden gut penetrieren und die Barriereschicht stärken, aber ihr hoher Schmelzpunkt lässt sie langsam spreiten und eher langsam einziehen. Avocadoöl – Ausgangspunkt meiner Irrungen und Wirrungen – hat kurzkettige Ethylester und einen Anteil an Myristinsäure (C14), die seine erhöhte Spreitfähigkeit bewirken, das hat nicht mit seinen Lecithinen und Phytosterolen zu tun, wie ich immer glaubte.

Daher sollten wir diesen Aspekt vom Spreitfaktor trennen: eigene Spreitkaskaden bilden (oder gezielt niedrig-/mittelspreitend oder mittel-/hochspreitend kombinieren), z. B. als Basisgerüst (Squalan nehme ich als schnellsten Spreiter, den wir haben):
Fettende Haut: viel Squalan, Traubenkernöl, Johannisbeersamenöl, etwas Jojobaöl
Normale Haut: etwas Squalan, Mandelöl, Hanföl, kleiner Anteil Mangobutter oder Shea nilotica
Trockene, atopische Haut: (etwas Squalan), Avocadoöl, Nachtkerzenöl, mittlerer Anteil Shea paradoxa
Reife Haut: (etwas Squalan), Jojobaöl, Weizenkeimöl, Granatapfelsamenöl, Shea paradoxa

und so weiter. Nichts Neues, wir tun es schon. Nur kann ich nun einem Einsteiger begründen, warum die Rezeptur trotz fehlender mittlerer Spreiter (nach alter Kategorisierung) »rund« ist, und zwar pflegetechnisch und emulsionstechnologisch. Mangels echter Schnellspreiter bleiben uns halt die ganz leichten Texturen versagt, wenn wir normale Emulgatoren nehmen. Deshalb rühren wir zunehmend gerne Hydrodispersiosgele und gleichen die Haptik auf diese Weise aus. :-)
Liebe Grüße
Heike

Anemone

Ungelesener Beitrag von Anemone »

Bin schwer beeindruckt und freue mich auf Dein Buch (da kann ich das dann auch x-mal lesen, bis ichs durch und durch verstanden habe)! :mixine:

NoaFleur

Ungelesener Beitrag von NoaFleur »

Als ich letztes Jahr olionatura entdeckt hatte, wollte ich als erstes die Ölportraits ausdrucken um nicht immer am Monitor lesen zu müssen. Aus irgendeinem Grund habe ich es dann vergessen. Gut dass ich es nicht gemacht habe. Was sich in diesen - eigentlich wenigen - Monaten alles geändert hat und von Heike weiterentwickelt wurde ist erstaunlich.

Ich danke auch für alles, liebe Heike :bluemchen:

vrana

Ungelesener Beitrag von vrana »

oh, toll, danke heike !!! :bussi:
ich muss gestehen, dass ich es sowieso nie geschafft habe, in einer rezeptur fettsäurespektrum UND spreitverhalten unter einen hut zu bringen :argstverlegen:
ich habe mich bei der auswahl an ölen nur am fettsäurespektrum orientiert und dann den von dir vorgeschlagenen anteil an shea / uda ergänzt, wobei mir aufgefallen ist, dass ich dann den sheaanteil gerne etwas erhöhe (eben vor allem im winter ) , da ich eher trockene haut habe.
dein beitrag wird jetzt aber licht in mein dunkel bringen, er ist sehr informativ und interessant zu lesen, werde ich gleich noch mal in ruhe machen :ja:

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Lotusblume
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Ungelesener Beitrag von Lotusblume »

wie du das immer alles in worte fassen kannst!!
ich bin sehr beeindruckt, du schreibst das so, daß ich es auch verstehen kann.
bei squalan hab ich die erfahrung auch gemacht. ich habe es hoch dosiert in einer creme verwendet von der ich begeistert bin, allerdings war das rezept nicht von mir, aber die wirkung hat mich schon erstaunt. im normalfall hätte ich squalan nicht so eingesetzt.

vielleicht war die viele chemie der auslöser, daß ich kk einfach nicht mehr vertragen habe, egal wieviel ich dafür ausgeben habe.
darum bin ich seelig mit dem rühren begonnen zu haben, und immer neue erkenntnisse in meine hexenküche einfließen lassen kann. meine haut dankt es mir.
und ich danke dir, daß du so viel zeit investierst und uns das auch noch leicht verständlich zukommen läßt.
:flower:
Liebe Grüße
Lotusblume

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Ungelesener Beitrag von Heike »

NoaFleur hat geschrieben:Was sich in diesen - eigentlich wenigen - Monaten alles geändert hat …
… ist an sich nicht viel. :-) In meinen bisherigen Zuordnungen waren die langsamen Spreiter Zeidler-konform, aber nicht die mittleren und schnellen. Nach neuer Systematik lassen wir die Zeidler-Grenzen einfach hinter uns und definieren neue, ausgehend von unseren schnellen Spreitern unter den pflanzlichen Ölen. Squalan zähle ich dazu, weil es ein hautphysiologisches Lipid und pflanzlichen Ursprungs ist.

Unsicher bin ich noch bei Brokkolisamenöl (spreitet schon deutlich besser als die üblichen Öle … Tendenz zu den schnellen) und bei Baobab, das dickflüssiger ist und zu den langsamen tendiert … Jojoba ist dünnflüssig, das darf zu den mittleren. Puh, schwer. Notfalls muss ich noch einmal in der Praxis testen. Rizinus ist superlangsam, mit einem Spreitwert von 33. :-)

Weiß übrigens jemand, wo ich Rotbandfilterpapier bekomme? :gruebel:
Liebe Grüße
Heike

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Ungelesener Beitrag von Heike »

vrana hat geschrieben:ich muss gestehen, dass ich es sowieso nie geschafft habe, in einer rezeptur fettsäurespektrum UND spreitverhalten unter einen hut zu bringen :argstverlegen:
Nach Zeidler ich auch nicht. :lach: Das Modell passt eben nicht. Wir machen Naturkosmetik und wollen weder Isopropylmyristat noch Isopropylstearat oder Hexyllaurat in unseren Emulsionen.
Liebe Grüße
Heike

Vergissmeinnicht

Ungelesener Beitrag von Vergissmeinnicht »

Danke liebe Heike für die Arbeit die Du Dir machst um es uns verständlich zu erklären. :blumenstrauss: Wissenschaftler, egal auf welchem Gebiet revidieren ununterbrochen. Ist manchmal ganz schön anstrengend ständig auf dem Laufenden zu bleiben, speziell wenn man sich für vieles Verschiedenes interessiert.

Liebe Grüße
Regina

Netti

Ungelesener Beitrag von Netti »

Rotbandfilter gibt es hier. Leider nur in einer Größe.
Was willst Du denn so fein filtern? :argstverlegen:

Sehr interessante Zusammenfassung, Heike.
Ein paar Sachen kann ich ja auch durch Ergfahrung stützen, wie die anderen sicher auch. Daher gab es beim Lesen ein paar Aha!-Effekte. (z.B. meine Erfahrung mit IPM in der Haarpflege und dem plötzlich nicht mehr ausreichendem Ölanteil)
Aber das sind ja nur kleine Einzelversuche. Das Du inzwischen so "globale" Einschätzungen machen kannst, ist unbezahlbar. Von der theoretischen Untermauerung und dem dazugehörigen Riesenaufwand ganz abgesehen. Einfach nur bewundernswert.
Ich werde wohl heute noch ein bisschen Rezeptkorrektur betreiben, bevor ich anfange zu Rühren. :D

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Netti hat geschrieben:Rotbandfilter gibt es hier. (Wenn das die sind, wonach Du suchst)
Klasse, Netti, Danke! :knutsch:

Ich habe verschiedene eigene Tests durchgeführt. U. Zeidler testet an menschlichen Unterarmen (vorher mit Alkohol abgewischt), auf denen 4 mg Öl appliziert werden. Nach 10 Minuten wird mit einem Transparentpapier der Ölfleck abgenommen und auf Millimeterpapier die Fläche bestimmt. Das ergibt den Spreitwert in Quadratmilimetern. Raumtemperatur ist 23 °C, Luftfeuchtigkeit 60 %.

Naja, so kann ich zuhause nicht testen. Aber ich habe vergleichbare Methoden mit Rotbandfilter gefunden. Wir brauchen an sich ja nur eine Referenz, die unter einander stimmt. Ich habe normales Schreibmaschinenpapier verwendet, auch das zeigte bereits Unterschiede. Macadamianussöl ist z. B. leicht viskoser als Mandelöl … spreitet geringfügig besser. :-) Allerdings liegen die Werte sehr dicht bei einander – nach dem neuen naturkosmetischen Konzept spielt das wirklich keine Rolle. Man kann aber gezielt Öle mit einander und mit den eigenen Wahrnehmungen vergleichen.

Übrigens: diese Erfahrungen sind Gold wert. Helft mir, schreibt Eure Erfahrungen mit Mischungen. Ich brauche einen Spiegel, andere, die mir zeigen, dass ich richtig liege … ich habe nur meine Wahrnehmungen.
Liebe Grüße
Heike

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Ungelesener Beitrag von Cistrose »

Danke Dir, Heike, für die vielen Informationen. :bluemchen: Ich habe mich bisher auch mehr an Fettsäuren und weniger am Spreitverhalten orientiert.
Liebe Grüsse
Cistrose

Netti

Ungelesener Beitrag von Netti »

Mmh. Das mit den Spreitversuchen hört sich interessant an. Bei mir liegt gerade ordentlich Versuchsfläche auf der Couch und verdaut das Abendessen. Ich glaube, der ist gerade wehrlos. :teufelchen:

silky
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Ungelesener Beitrag von silky »

Wau, Heike, da stellst Du uns wieder geballtes Wissen,Wissenwollen, Nachdenken zur Verfügung.Danke dafür. :)

Seit ich meine Kosmetik selber herstelle, denke ich ich hinke hinterher. Macht aber nicht wirklich was :wink:

Kaum hatte ich ein Gefühl für meine Fette, kam der Sommer und änderte alles.

Jetzt meine ich einiges verstanden zu haben, nun wirds wieder kälter und die Fluids dürfen wieder anders aussehen.

Tatsächlich kam mir unterbewusst schon so mancher Gedanke, was Du mir in Deiner obigen Ausführung bestätigt hast.

1. glaube ich, ich könnte auf Shea (im Gesicht)verzichten, bislang weigerte ich mich weil ich sie doch irgendwie mag.

2. Jetzt im Sommer an heißen Tagen mir der Verdacht kam das GammaDinsgbum mein Gesicht abdichtet :/

Naja, langer Rede, kurzer Sinn. Ich bewundere Dich sehr für Dein Hinterhersein und Wissenwollen. Und daß Du dies auch noch mit uns teilst ist die Krönung.

Was neue Kentnisse u.s.w. angeht erlebe ich dies im naturwissenschaftlichen Bereich als fast schon normal, aber nicht immer korrekt.Aber das schweift jetzt ab.

Mir gefällt hier in der Selbstrührerei, daß man sich ordentlich auch auf sein eigenes Gefühl verlassen kann, wenn man Grundregeln beachtet :ja:
Ein rollender Stein setzt kein Moos an.
aus China

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Netti hat geschrieben:Mmh. Das mit den Spreitversuchen hört sich interessant an. Bei mir liegt gerade ordentlich Versuchsfläche auf der Couch und verdaut das Abendessen. Ich glaube, der ist gerade wehrlos. :teufelchen:
:lach: So eine Bauchfläche bietet (je nach Exemplar) viel Experimentierraum. Natürlich muss diese im Dienste der Wissenschaft vor Versuchsbeginn enthaart werden. :nail: Ich hoffe, der Probant zeigt das notwendige Einsehen.
silky hat geschrieben:Wau, Heike, da stellst Du uns wieder geballtes Wissen,Wissenwollen, Nachdenken zur Verfügung.Danke dafür. :)
Eher Wissen wollen und Nachdenken … ;-D Wie gesagt, das Modell ist eins, das aus der Rührpraxis entstanden ist, verknüpft mit vielen kleinen Mosaiksteinchen theoretischen Backgrounds. Das steht nicht irgendwo. Ich habe aber wirklich den Anstoß von Dr. Ansmann gebraucht, der sagte: »Machen Sie doch selbst eins.« Es gilt jedoch noch, das Einziehverhalten (und damit den Grad der Rückfettung) und das Spreitverhalten in einen Bezug zu setzen und dann die Systematik zu erweitern. Konkret: der gesamte Teil unserer mittelspreitenden Öle bedarf einer näheren Betrachtung hinsichtlich dieses Aspekts, denn Distelöl und Sojaöl verhalten sich im Auftrag, in der Rückfettung und im haptischen Einziehverhalten eben anders. Das wartet noch auf mich, aber ich habe auch noch etwas Zeit.
Tatsächlich kam mir unterbewusst schon so mancher Gedanke, was Du mir in Deiner obigen Ausführung bestätigt hast.

1. glaube ich, ich könnte auf Shea (im Gesicht)verzichten, bislang weigerte ich mich weil ich sie doch irgendwie mag.
Warum nicht wie jedes andere Öl behandeln und sehr (!)niedrig dosiert einsetzen? Wir müssen von dem Gedanken weg, Buttern primär als Konsistenzgeber zu betrachten, so groß ist dieser Effekt sowieso nicht. Mit Blick auf ihr Fettsäurespektrum sollten wir schauen, ob wir momentan so viel gesättigte Fettsäuren (Rückfettung, Okklusivität) und Phytosterole brauchen. Manchmal ist es vielleicht sinnvoll, lieber gezielt etwas Gamma-Oryzanol als UV-Schutz-Komponente in die Emulsion zu geben und Sheabutter rauszulassen, damit der abdichtende Effekt sich nicht summiert:
2. Jetzt im Sommer an heißen Tagen mir der Verdacht kam das GammaDinsgbum mein Gesicht abdichtet :/
… und Wissenwollen. Und daß Du dies auch noch mit uns teilst ist die Krönung.
Das Teilen ist die Freude daran. Alleine Ideen ausbrüten ist nicht mein Ding. Ich will sie diskutieren, brauche ein Feedback, möchte meine Eindrücke mit denen meiner Mitrührer vergleichen. :-a
Mir gefällt hier in der Selbstrührerei, daß man sich ordentlich auch auf sein eigenes Gefühl verlassen kann, wenn man Grundregeln beachtet :ja:
:gut:
Liebe Grüße
Heike

Tembeau

Ungelesener Beitrag von Tembeau »

Heike hat geschrieben: Was ist mit Phytosterolen und Lecithin?
...
Bei Phytosterolen [...]. Aber: sie sind hautphysiologisch aktiv, [...]
Hallo Heke,

eine kurze Frage zum Thema Phytosterole: "Sie", die Phytosterolen in Ölen - oder "Sie", die isolierten Phytosterole sind hautphysiologisch aktiv?
Eine ganz andere Frage: Schläfst Du auch irgendwann mal? :D

Cistrose
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Ungelesener Beitrag von Cistrose »

Heike hat geschrieben:Wir müssen von dem Gedanken weg, Buttern primär als Konsistenzgeber zu betrachten, so groß ist dieser Effekt sowieso nicht.
Ja, das kann ich bestätigen. Ich habe vor meinem Rührküchenbeitritt mal etwas experimentiert und Fluidlecithin CM als Emulgator genommen. Mit Sheabutter in "üblicher" Menge bekam ich eine Flüssigkeit. Als ich den Sheaanteil stark erhöhte (ich glaube es war dreimal soviel, müsste schauen ob ich mir das aufgeschrieben habe) wurde dann eine feste Crème beim nächsten Anlauf. Die hab ich zuletzt als Fusscreme benutzt.

Hmm.. :gruebel: Shea nehme ich nicht nur der Konsistenz wegen. Bisher nahm ich raffinierte, aber ich habe auch etwas von der SheaWaLe Butter gekauft, weil ich merke, dass meiner Haut das Abdichtende der Phytosterole guttut, vor allem im Winter. Muss wohl ausprobieren und mal versuchen, was passiert wenn ich den Anteil Sheabutter variiere. Und ob ich einen Unterschied zwischen raffienierter und nativer Shea merke.
Liebe Grüsse
Cistrose

Cistrose
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Ungelesener Beitrag von Cistrose »

@Tembeau, meines Wissens in beiden Fällen, sowohl im Oel wo sie natürlicherweise vorkommen, als auch isoliert. Ein Konzentrat, das hier bekannt ist und rege benutzt wird, ist das Avocadin (R), das ist ein Konzentrat aus dem unverseifbaren Anteil des Avocadoöls, das zum Grossteil aus Phytosterolen besteht.

Was ich mir vorstellen kann, ist dass die Wirkung im Oel wegen dem kleineren Anteil nicht so deutlich spürbar ist wie beim Konzentrat, wenn beide in gleicher Menge verglichen werden.
Liebe Grüsse
Cistrose

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Cistrose hat geschrieben:Hmm.. :gruebel: Shea nehme ich nicht nur der Konsistenz wegen. Bisher nahm ich raffinierte, aber ich habe auch etwas von der SheaWaLe Butter gekauft, weil ich merke, dass meiner Haut das Abdichtende der Phytosterole guttut, vor allem im Winter. Muss wohl ausprobieren und mal versuchen, was passiert wenn ich den Anteil Sheabutter variiere. Und ob ich einen Unterschied zwischen raffienierter und nativer Shea merke.
Die raffinierte sollte möglicherweise etwas leichter wirken im direkten Vergleich. Bei Ölen ist es so, die raffinierten ohne Lecithine und Unverseifbarem liegen weniger auf, scheinen haptisch schneller einzuziehen.
Shea und Co geben natürlich eine gewisse Konsistenz, aber sie ist im Verhältnis zu z. B. Fettalkoholen sehr gering, auf die Menge bezogen. Cetylalkohol macht 1- oder 2%ig in einer Verbindung mit einem Emulgator viel mehr Konsistenz als 1–2 % Sheabutter, weil er die Wasserphase als wie ein Schwamm durchzieht, das Wasser festhält und damit konsistenzgebend wirkt. Sheabutter dickt nur die Lipidphase an.

Ich spüre in meinen Cremegelen schon 0,5–1 % Sheabutter, sie macht die gesamte Formulierung reichhaltiger, ohne übermäßig zu fetten. Allerdings mochte ich schon immer Fluids lieber, mich stört die niedrige Viskosität nicht.

Tembeau, ich meinte beide, ja, sowohl die in Ölen enthaltenen als auch die konzentrierten. :-)
Liebe Grüße
Heike

Manuka-Bee

Ungelesener Beitrag von Manuka-Bee »

ich durfte auch viele Kombi-Wirkungen an mir beobachen; weg von den Avocado, Aprikose und DIsteloelen, UdA und Shea, zumindest im Sommer. Seitdem ich nur Jojoba, Squalan und Traube verwende ist die ganze Pflege anders, besser geworden. Im Winter werde ich jedoch UdA wieder einsetzten muessen, da der Unterschied zu ohne schon relevant ist. Shea, die ich frueher gerne eingesetzt habe, vertrage ich mittlerweile nicht mal in miniEK's. Ich spiele gerade mit den EK's von aktueller Oel-Kombi. Beispielsweise Squalan in "dominanten" Megen vertrage ich nicht, der Emulsion fehlt dann was, sowohl von der Haptik als auch dem Tragekomfort.
Meine mathematisch-optimierte Regel fuer die Dosierung der 3 Oele lautet:
Jojoba <= Squalan+Traube
Squalan > Traube

alle anderen Bedingungen sind nicht zufriedenstellend gewesen. Ich finde Jojoba so wunderbar, weil es neutral und zugleich schuetzend aber auch "feucht" ist. Durch meine Beobachtung waren die Oelsaeure-Oele einfach nicht das Richtige fuer mich. Hohe Lecithine wie Lipodermin und Emulmeik geben der leichten Lipidphase, da Squalan drin ist, eine gewisse "Verstaerkung" ohne Ueberfluss, was ohne nur in hohen Dosierung von Oelen wie Avocado etc. moeglich waere. Das angesprochene Neutraloel mit kurzen C-Ketten fand ich wunderbar bis auf den Geruch und "uberhebliche Leichtigkeit", so wie bei Squalan war es mir nicht moeglich dieses Lipid als Basis zu nehmen.

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Serge, es ist interessant: meine momentane Pflege setzt auch (wenn auch mit anderen Verhältnissen) auf Jojoba, Squalan und Traubenkern, ergänzt mit einem Wirkstofföl (Granatapfelsamenöl oder Jojannisbeersamenöl, letzteres allerdings raffiniert).

Im Ganzen spricht mir dein Beitrag aus der Seele; er bestätigt, dass meine Systematik, die sich so langsam in einem »theoretischen Modell« niederlässt, funktioniert, will sagen: Anwender-Erfahrungen bestätigen seine Praktikabilität. Gerade diese Aussage trifft es:
Manuka-Bee hat geschrieben:Hohe Lecithine wie Lipodermin und Emulmeik geben der leichten Lipidphase, da Squalan drin ist, eine gewisse "Verstaerkung" ohne Ueberfluss, was ohne nur in hohen Dosierung von Oelen wie Avocado etc. moeglich waere.
Ich habe mich lange mit der Tatsache beschäftigt, warum konventionelle Produkte so viel eleganter, leicht und dennoch reichhaltig wirken. Squalan ist die am besten spreitende Lipidkomponente, die wir haben – mit Squalan fange ich andere, intensiv restrukturierende, »abdichtende« Ingredienzen haptisch auf, schaffe eine Balance zwischen Leichtigkeit und Restrukturierung. Es ist reizfrei, chemisch nicht reaktiv, hautphysiologisch (im Hauttalg enthalten), geruchslos und daher ideal für diese Zwecke. Kokosöl, Babassuöl usw. werden nicht immer einwandfrei vertragen, Squalan ist im positiven Sinne »neutral«. Ich habe es mittlerweile wirklich schätzen gelernt.
Diesen Ausgleich schafft konventionelle Kosmetik mit ihren (halb-)synthetischen Superspreitern, und daher gelingen elegante Formulierungen mit relativ hohen Anteilen an Fettalkoholen. Wir haben das (nach diesen Kriterien) mittelspreitende Squalan – das ist unser Superspreiter. Wieviel davon optimal ist, muss jeder testen, das ist individuell.

Tatsächlich hat das alte Modell, dieser Versuch, unsere pflanzlichen Öle in Zeidlers Modell zu »pressen«, mich nie wirklich zufrieden gestellt. Es entsprach nicht meinen Erfahrungen.

Mir macht dieser Austausch sehr viel Freude, ich danke allen, die hier ihre Erfahrungen schildern. Es hilft mir. Bitte nicht lachen, aber ich habe diese Nacht unruhig geschlafen, träumte von Spreitkaskaden und war heute morgen froh, als ich erwachte und das Gefühl hatte, dass sich schon vieles geordnet hat. :knutsch: Es zeigt mir auch, wieviel es noch zu entdecken gibt jenseits immer neuer Wirkstoffe.
Liebe Grüße
Heike

Ute

Ungelesener Beitrag von Ute »

Heike hat geschrieben:Leider bedeutet diese Weiterentwicklung auch, dass ich heute manche Aussagen in der Vergangenheit (»Buttern spreiten schnell«) hier wie woanders revidieren müsste. Das bedeutet auch, dass ich Fehler eingestehen muss. Mir ist aber wichtiger, korrekt zu sein als unfehlbar.
Respekt!

Es fällt heutzutage nicht vielen Menschen leicht zuzugeben, das bisherige Annahmen sich durch weitere Erkenntnisse und Entwicklungen als falsch erwiesen haben und man seine Meinung revidieren muß.

Um nicht zu sagen: die meisten halten gerne an alten Thesen fest und ignorieren aktuelle Entwicklungen und Beobachtungen ( im Bereich Medizin gibt es einige Beispiele...auch lange nach Contergan ).
Heike hat geschrieben: Vor allem: wenn ich nachlese, wie sich unsere Kompositionen die letzten Monate entwickelt haben, lese ich ganz deutlich heraus, dass wir – bewusst oder unbewusst, ob locker aus der Hüfte oder mit Feinwaage – stimmige Rezepturen entwickeln, die aber eben nicht dem Spreitmodell von Zeidler entsprechen.
Und ich dachte schon es liegt nur an meiner " speziellen " Haut, das alles, was langsam spreiten und einziehen soll, bei mir im null komma nix aufgesogen wird und umgekehrt die schnell spreitende Sheabutter mich angenehm lange einhüllt.

Einziehverhalten und Spreitfähigkeit sind daher für mich seit längerem zwei verschieden Dinge.

Eine Beobachtung, die das "neue Modell " im Bezug auf ihr "Gefühl" im Auftrag bestätigen, ist bei mir, das sich meine Fettcremes viel angenehmer anfühlen und auch schneller wegziehen ( bei 20% Lanolin ist das alles natürlich nur als relativ zu verstehen :D ) , seitdem ich den Butteranteil zu je 50% auf Shea und Babassu verteile anstatt wie zuvor auf 100% Shea.

Ich werde jetzt mal meine Creme in modifizierter Rezeptur testen ( witzig: plötzlich mangelt es an langsamen Spreitern, die ich sonst immer - nach Zedler-Modell- im Übermaß in meinen Rezepturen hatte ).


Heike hat geschrieben:... ich liebe schöne Emulsionen, und ich verwende ungerne klebrige, stoppende Formulierungen, auch wenn sie gut tun. Es geht auch anders, und das Schöne ist: ohne Einbußen der kosmetischen Wirkung.
O.K., da werden wir uns wohl nicht einig :D ( * Loblied aufs klebrige Schaf sing * ).

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Ute hat geschrieben:
Heike hat geschrieben:... ich liebe schöne Emulsionen, und ich verwende ungerne klebrige, stoppende Formulierungen, auch wenn sie gut tun. Es geht auch anders, und das Schöne ist: ohne Einbußen der kosmetischen Wirkung.
O.K., da werden wir uns wohl nicht einig :D ( * Loblied aufs klebrige Schaf sing * ).
Das ist kein Widerspruch. :knutsch: Ich habe vor allem O/Ws im Blick. Eine W/O ist von Grund auf anders und darf reichhaltig sein und intensiv rückfetten. Eine klebrige und dazu noch stoppende O/W ist allerdings ein Graus. ;-)
Ute hat geschrieben:Respekt!

Es fällt heutzutage nicht vielen Menschen leicht zuzugeben, das bisherige Annahmen sich durch weitere Erkenntnisse und Entwicklungen als falsch erwiesen haben und man seine Meinung revidieren muß.
Danke, Ute. :knuddel:
Und ich dachte schon es liegt nur an meiner " speziellen " Haut, das alles, was langsam spreiten und einziehen soll, bei mir im null komma nix aufgesogen wird und umgekehrt die schnell spreitende Sheabutter mich angenehm lange einhüllt.
Mit ging es ähnlich. Übrigens fand ich heute noch im Buch »Pflegekosmetik« von Prof. Wolfgang Raab und Ursula Kindl den Hinweis, Shea würde sehr gut spreiten. Als ich nach Quellen suchte, fand ich den bekannt berüchtigten Projektbericht aus Forchheim, der Ölen ja auch B-Vitamingehalte bescheinigt. Das ist das Problem: die Begrifflichkeiten sind schwammig und werden leider nicht einheitlich auf ein Bezugssystem bezogen, wie es sinnvoll und korrekt wäre. Mein vorheriges tat das ja auch nur halbherzig.
Eine Beobachtung, die das "neue Modell " im Bezug auf ihr "Gefühl" im Auftrag bestätigen, ist bei mir, das sich meine Fettcremes viel angenehmer anfühlen und auch schneller wegziehen ( bei 20% Lanolin ist das alles natürlich nur als relativ zu verstehen :D ) , seitdem ich den Butteranteil zu je 50% auf Shea und Babassu verteile anstatt wie zuvor auf 100% Shea.
Das ist gut. :-) Ein Modell soll die Realität wiederspiegeln, nicht die Realität auf das Modell umgebogen werden.
… (witzig: plötzlich mangelt es an langsamen Spreitern, die ich sonst immer - nach Zedler-Modell- im Übermaß in meinen Rezepturen hatte ).
:lach: Exakt. Aber es ist doch so, oder (?): wir kennen unsere Öle, wissen, was wir erwarten können und haben schon längst ein eigenes haptisches Bezugssystem entwickelt. Mir geht es mittlerweile so.
Liebe Grüße
Heike

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Ungelesener Beitrag von Rosalie »

Vielen, vielen Dank, Heike!!! Ich bin sehr froh dass du so vieles Kenntnis mit uns teilen willst. :blumenstrauss:
Rosalie

Puppi

Ungelesener Beitrag von Puppi »

Ich finde diesen neuen Weg sehr interessant. Ich hab kaum "schnelle" Spreiter in meinen Cremes. Wenn ich im Freundeskreis eine Creme rühre, dann wird sie anfangs als schwer empfunden, die meisten gewöhnen sich aber sehr schnell daran. Trotzdem bin ich inspiriert in meiner Pflege Babassu und Squalan aufzunehmen. Squalan hab ich schon in der Tagespflege, Babassu und Squalan in der Nachpflege vielleicht (die Creme ist reichhaltiger)?

Ich beobachte auch, dass die Emulsionen je nach gewählten Ölen anders werden. Hab ich nur Öle aus den Gruppen B0 und B1 für meine Tagescreme gelingt diese immer. Sind auch mehrfach ungesättigte Öle dabei (Nachtcreme) hab ich manchmal Schwierigkeiten, die Emulsion verbindet sich unwillig :gruebel: Vielleicht mag der Montanov 68 es aber auch einfach lieber, wenn alle Öle schon von Anfang an "da" sind :nixweiss:

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Puppi hat geschrieben:Ich finde diesen neuen Weg sehr interessant. Ich hab kaum "schnelle" Spreiter in meinen Cremes.
Ich habe die letzten Wochen vor Veröffentlichung des neuen Modells gezielt experimentiert und mehr Squalan verwendet (Kokos- und Babassu nehme ich persönlich nicht so gerne im Gesicht) und mit Sheabutter und verschiedenen Anteilen Phytosterolestern gespielt. Diese Tests haben die letzten Zweifel ausgeräumt. :-) Allerdings bedeutet mehr Squalan neben mehr Leichtigkeit auch geringere Emulgierfähigkeit der Ölmischung, es ist ein unpolares Lipid. Sprich: Hydrodisersionsgele können dann leichter inhomogen werden als mit höherem Jojoba-Traubenkernanteil – alte Geschichte, kennen wir.

Ich habe mal gestöbert, was die Naturkosmeten nehmen: Glycerinöl. Dahinter steckt Tricaprylin (Dermofeel® MTC), ecozertifiziert, ein Ester auf Basis von Glycerin und C8-Fettsäure (Caprylinsäure) aus Kokosöl. Spreitwert 1600 (mm2 Hautfläche in 10 Minuten). Squalan als unser bisheriger Favorit hat 602, Neutralöl 566, also etwas weniger. Für sensible Haut wäre dies nichts Schlechtes, es ist absolut reizfrei und oxidativ stabil. Hätte ja mal Lust, damit zu arbeiten. :gruebel:
Liebe Grüße
Heike

Vergissmeinnicht

Ungelesener Beitrag von Vergissmeinnicht »

Hoffe, dass ich im richtigen Thread bin. Wenn nicht, bitte verschieben. Habe mal eine Frage wegen Papayaöl da ich kein Portrait davon sehe. Es dürfte sich um ein nicht so beliebtes Öl handeln, da fast keine Beiträge darüber zu finden sind?.

Liebe Grüße
Regina

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Ungelesener Beitrag von Heike »

Vergissmeinnicht hat geschrieben:Hoffe, dass ich im richtigen Thread bin. Wenn nicht, bitte verschieben. Habe mal eine Frage wegen Papayaöl da ich kein Portrait davon sehe. Es dürfte sich um ein nicht so beliebtes Öl handeln, da fast keine Beiträge darüber zu finden sind?.
Ich glaube, es gibt einfach zu viele Öle, so dass manche nicht weiter auffallen, wenn sie nicht besondere Qualitäten aufweisen.

Zu Papayaöl, auf die Schnelle gefunden: »The fatty oil of the seeds contains 16.97% saturated acids (11.38% palmitic, 5.25% stearic, and 0.31% arachidic) and 78.63% unsaturated acids (76.5% oleic and 2.13% linoleic).« (Quelle)

Scheint Kameliensamenöl nicht ganz unähnlich. Ölsäurebetont, wird ein gutes Massageöl sein, langsam, aber gut einziehend, mittel rückfettend.
Liebe Grüße
Heike

Angela

Ungelesener Beitrag von Angela »

also - bin heute abend vielleicht nicht mehr auf dem Gipfel meiner Durchdringungskraft :D aber ich möchte doch noch was zur Diskussion beitragen...

Bei unseren Schnellspreitern stellt sich mir in erster Linie das Problem entgegen daß sie kriechen. Brennende Augen sind dann das Resultat. Bei KK Emulsionen hatte ich früher eigentlich immer dieses Problem. Bei NK auch oft. Bei meinen eigenen Emulsionen ist es ab und zu mal passiert.

Leider bin ich nicht zur letzten Einsicht gelangt woran es nun wirklich liegt. Was halt gar nicht geht ist Squalan ebenso hochprozentige Fettanteile in niedrigviskosen Emulsionen. Das ist jetzt nicht besonders genau definiert, ja - geht grad nicht besser :(

Worauf ich hinaus will: ich möchte natürlich auch eine haptisch wohlige Emulsion :D diese müßte sehr schnell einziehen (so daß sie keine Gelegenheit zum kriechen hat) , aber dennoch ein langanhaltendes, glattes und sattes Gespür hinterlassen. - wer will das nicht -
Also - wie bringe ich Schnellspreiter dazu nicht in die Augen zu kriechen. Mein erster Gedanke - kombinieren mit Jojoba, Bienenwachs o.ä.
Und wie ist das mit Fettalkoholen? Mir fällt da als erstes Cetylalkohol ein. Wenn man nun Shea als Konsistenzgeber großzügig mit Cetyl ersetzt läuft man da nicht Gefahr eine ewig hungrige Haut zu bekommen?

Gute Nacht :)
Angela

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